Öffentliche Bestellung Sachverständiger
In Deutschland, Österreich und Liechtenstein ist der Begriff „Sachverständiger“ nicht geschützt. In Deutschland ist die Qualifikation von Sachverständigen für Abstammungsuntersuchungen in der „Richtlinie der Gendiagnostik-Kommission (GEKO) für die Anforderungen an die Durchführung genetischer Analysen zur Klärung der Abstammung und an die Qualifikation von ärztlichen und nichtärztlichen Sachverständigen gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 2b GenDG“ geregelt. Allerdings regelt die Richtlinie nur die Sachkunde; Prozesskontrolle, Unparteilichkeit und persönliche Integrität sind nicht Gegenstand der Richtlinie.
Die Anforderungen, die an gerichtliche Sachverständige gestellt werden, gehen darüber hinaus. Diese müssen nicht nur unparteilich und integer sein, sondern auch die Kontrolle über alle Prozesse haben, die zur Erlangung der Erkenntnisse, die in das Gutachten einfließen, führen. Ob ein Sachverständiger diese Voraussetzungen erfüllt, ist u.U. im Einzelfall schwer nachprüfbar: Das „eigene Labor“ liegt manchmal z.B. nicht in Berlin, sondern in München.
In Deutschland ist das Instrument der öffentlich Bestellung und Vereidigung eine Orientierungshilfe: Sachverständige, die sich durch die zuständige Industrie- und Handelskammer (IHK) öffentlich haben bestellen und vereidigen lassen, müssen den Nachweis der Sachkunde und der Prozesskontrolle erbringen, einschlägige Referenzen vorweisen, sich juristisch fortbilden und eine Prüfung vor einem Komitee ihrer IHK absolvieren. Zudem legen sie jedes Jahr Rechenschaft über ihre Tätigkeiten im vergangen Jahr und über die Aufrechterhaltung der für die Bestellung erforderlichen Infrastruktur ab. Öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v.) Sachverständige genießen daher in Deutschland unter allen Sachverständigen den höchsten Ruf. Die Gerichte sind nach §404 Abs. 2 ZPO gehalten, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige mit Begutachtungen zu beauftragen.
In Österreich werden die Sachverständigen vom Gericht in der Regel aus der Liste der allgemein beeideten Sachverständigen ausgewählt. Das Gericht entscheidet, welcher Sachverständige gewählt wird und die Parteien stimmen zu, sofern keine Ausnahmen, wie Befangenheit, bestehen. Die Sachverständigen werden jeweils für fünf Jahre bestellt, müssen sich weiterbilden udn die Verlängerung / Rezertifizierung beantragen.
In der Schweiz dürfen nur vom Bund anerkannte Labore Abstammungsuntersuchungen durchführen bzw. begutachten. Gerichtlich hat jeder Kanton sein Labor, das in der entsprechenden Sprache (französisch, italienisch, deutsch) beauftragt wird. Kantonsübergreifend übernehmen die Labore auch gegenseitig Probenentnahmen.
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